Projektbeispiele von FoodBerlin-Mitgliedern

Forschungsthemen

Das Themenspektrum der Forschungsgruppen von FoodBerlin bezieht sich auf die gesamte Wertschöpfungskette von Lebensmitteln, nachfolgend Aspekte von besonderer Bedeutung:

Tiergesundheit

Der Arbeitsbereich trägt dazu bei, die Bedingungen für eine artgerechte Haltung Lebensmittel-liefernder Tier unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeit und Tierwohl zu gestalten. Als wichtigen Aspekt bearbeiten wir die Bedeutung der Ernährung für die Entwicklung von Jungtieren, die durch ein breites Spektrum von endo- und exogenen Faktoren beeinflusst wird. Immer mehr zeigt sich, dass Ereignisse während des intrauterinen und frühen postnatalen Lebens komplexe physiologische und immunologische Reaktionsmuster induzieren, die das Wachstum, den Stoffwechsel und kurz- und langfristig die Gesundheit beeinflussen.

Abgesehen von den direkten Auswirkungen von spezifischen Nahrungs- oder Futtermitteln und Nährstoffprofilen gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass die Darmmikrobiota als treibende Kraft für die Aufrechterhaltung von Wohlbefinden und Gesundheit sowohl in der neonatalen Phase als auch im Alter von größter Bedeutung ist. Ein systematischer, integrativer Ansatz ist erforderlich, um die Auswirkungen von ernährungsphysiologischen und mikrobiellen Faktoren bei jungen und älteren Individuen aufzuklären. Schweine sind ein weltweit wichtiges Haustier und werden zudem zunehmend als wichtiges Modelltier für den Menschen betrachtet. So können die Entwicklungsinteraktionen zwischen Sau und Ferkel nicht nur für die Zieltierart wesentliche Informationen geben, sondern können auch als attraktives Modell für Mutter-Kind-Interaktionen beim Menschen genutzt werden.

Bei der Zucht von Nutztieren ist darauf zu achten, dass nicht nur Leistungsparameter berücksichtigt werden, sondern von vornherein auch das Tierwohl in Betracht gezogen wird. Durch gezielte Zucht unter Zuhilfenahme genetischer Marker kann erreicht werden, dass Tiere nicht einseitig spezialisiert sind, z. B. auf Fleischansatz oder Eiproduktion.  Ziel sind gesundheitlich stabile, vielseitig nutzbare Tierrassen. Auch optimale Haltungsbedingungen müssen zum Tierwohl beitragen.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jürgen Zentek
Institut für Tierernährung, FU Berlin

Intensive agrarische Produktionssysteme

Die Arbeitsgruppen dieses Bereichs konzentrieren sich auf Produktionsformen mit hoher Wertschöpfung pro Flächeneinheit und hochgradig kontrollierten Produktionsbedingungen. Angepasst an die jeweiligen ökologischen und sozialen Bedingungen werden produktionstechnische Systeme gekoppelt, um die Erzeugung von Nahrungs- bzw. Futtermitteln nachhaltig auszurichten und resilient gegenüber technischen Störungen und Umwelteinflüssen zu machen. Als Beispiel kann die Kombination von Fischzucht und Gemüseproduktion in geschlossenen Kreisläufen („Aquaponik“) gelten.

Die in der Entwicklung befindlichen Systeme eignen sich für urbane und periurbane Räume oder Industriegebiete mit guten Möglichkeiten zur Verbindung mit Stoffkreisläufen (Wasser, Nährstoffe, CO2 Senken), aber auch für ländliche Gebiete oder Extremstandorte wie z.B. Wüstengebiete. Wichtig sind Erfassung und Optimierung von Stoffkreisläufen durch Sensoren, Modellierung von Abläufen und gezielte Steuerung. Auf diese Weise lassen sich höchste Wertschöpfungsdichten erzielen. Die intensive Produktion erlaubt, Produkte ressourcenschonend und mit nur minimalem CO2-Ausstoß in unmittelbarer Nähe des Verbrauchers zu erzeugen.  

Im Konsortium wird die Kombination von Insektenzucht, Fischzucht und Pflanzenproduktion erprobt, bei der auf jeder Stufe Nahrungsmittel für den menschlichen Verzehr sowie Nährstoffe für die nächsthöhere Trophiestufe erzeugt werden. Die Produktion erfolgt dabei in standardisierten, stapelbaren, und miteinander kommunizierenden Modulen, die in ihren Dimensionen genormten ISO-Containern entsprechen (www.cubescircle.de). Arbeitsgruppen des Konsortiums bearbeiten darüber hinaus die wichtigen Bereiche der Governance und der gesellschaftlichen Akzeptanz moderner Produktionsweisen. Dabei werden in Zusammenarbeit mit Praxispartnern und Verbrauchern Bewertung, Marktmechanismen und Akzeptanz von Produkten analysiert. 

Vorhandene Expertise (siehe auch www.cubescircle.de): Ionensensitive Sensoren, aquaponische Produktionssysteme, Insektenzucht, Pflanzenbau unter kontrollierten und geschlossenen Bedingungen, Chemische Ökologie, „Controlled Ecological Life Support Systems“, Nacherntequalität, volatile Energiesysteme.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Ulrich
Fachgebiet Urbane Ökophysiologie der Pflanzen, HU Berlin

Prof. Dr. Uwe Schmidt
Fachgebiet Biosystemtechnik, HU Berlin

Lebensmittel-
sicherheit

Die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit ist eine wichtige Aufgabe des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Dem „One Health“ Prinzip folgend, ist dabei eine intensive Kooperation von Agrarwissenschaften, Veterinärmedizin, Lebensmitteltechnologie und Humanmedizin notwendig. Ziel ist es, zu gewährleisten, dass sichere Lebensmittel in Verkehr gebracht werden, von denen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für den Verbraucher ausgehen.

Da die Warenströme von Lebensmitteln zunehmend globaler und komplexer werden, ist internationale Zusammenarbeit auf dem Feld der Lebensmittelsicherheit ein wichtiger Aspekt. Der Aufbau von Methoden und Kapazitäten in Wissenschaft und Praxis, in Überwachung, Vollzug wie auch Beratung hat vor Ort in den Entwicklungs- und Schwellenländern hat deshalb hohe Priorität. 

Schwerpunkt der Forschung des Arbeitsbereiches „Lebensmittelsicherheit“ von FoodBerlin ist die Vermeidung und Bekämpfung lebensmittelassoziierter Erreger, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können. Solche zoonotischen Erreger finden sich sowohl unter den Viren, als auch den Bakterien und den Parasiten.  Ein wesentliches Forschungsfeld ist auch die Vermeidung der Übertragung von antimikrobiellen Resistenzen. Diese können durch den direkten Kontakt mit Tieren oder auch mit Lebensmitteln übertragen werden. Der Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin hat hohe Expertise in diesem Bereich. Das neue tiermedizinische Zentrum für Resistenzforschung stellt eine einzigartige Infrastruktur dar, die exakt auf diese Fragestellungen zugeschnitten ist.

Der Fokus dieses Arbeitsbereiches liegt auf:

  • Untersuchungen zum Eintrag von zoonotischen Mikroorganismen in die Lebensmittelkette,
  • Beschreibung der Mechanismen des Überlebens zoonotischer Mikroorganismen in der Lebensmittelkette sowie sich daraus ergebende Minimierungsstrategien
  • Epidemiologische und molekular-epidemiologische Studien zur Ermittlung der Verbreitung und Übertragung zoonotischer Mikroorganismen in der Umwelt und in der Lebensmittelkette
  • Untersuchung der molekularen Grundlagen der Resistenzentwicklung von Krankheitserregern
  • Entwicklung von Diagnoseverfahren, Impfstoffen und anderen Verfahren zur Reduktion der Entstehung von Resistenzen
  •  Überführung dieser Neuentwicklungen in die Praxis

Vorhandene Expertise: Lebensmittelhygiene, Tierhygiene, Umwelthygiene, Lebensmittelmikrobiologie, mikrobielle Stressantwort, molekulare Epidemiologie von Zoonoseerregern, Desinfektionsmittel, Antibiotikaresistente Mikroorganismen

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thomas Alter
Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene, FU Berlin

Prof. Dr. Uwe Rösler
Institut für Tier- und Umwelthygiene, FU Berlin

Prof. Dr. Stefan Schwarz
Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen

Nachhaltige und resiliente Ernährungssysteme in Politik und Gesellschaft

 Um Ernährungssysteme nachhaltiger und resilienter zu gestalten, müssen Produktion, Verarbeitung, Vermarktung und Konsum von Lebensmitteln zusammengedacht und die systemischen Zusammenhänge konsequent berücksichtigt werden. Eckpunkte sind dabei die Produktion gesunder und vielfältiger Lebensmittel bei nachhaltigem Umgang mit natürlichen Ressourcen, Berücksichtigung von Tierwohl, Klimaschutz und Erhalt der biologischen Vielfalt, sozialer Zusammenhalt und Demokratie sowie Transparenz und Gerechtigkeit . Diesen Ansprüchen gerecht zu werden und dabei innerhalb der EU und auf global integrierten Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine Herausforderung. Darüber hinaus sind die Auswirkungen von Ernährung auf Gesundheit und die gesellschaftlichen Kosten fehlerhafter Ernährungsmuster zu berücksichtigen.

Basierend auf dem Wissen über die Nachhaltigkeit von Ernährungssystemen und über das Zusammenspiel zwischen Agrar- und Ernährungspolitik kann die Wissenschaft helfen, gesellschaftliche Prioritäten zu reflektieren, Steuerungskonzepte zu erarbeiten und die Diskussion zwischen Gesellschaft und Agrarsektor zu strukturieren. Im Rahmen von FoodBerlin arbeiten wir interdisziplinär zu den folgenden Themenfeldern:

Kommunikation und Dialog
Die gesellschaftlichen Ansprüche an nachhaltige Ernährungssysteme müssen formuliert und mit den Realitäten der gängigen Agrarsysteme konfrontiert werden. Wie am Beispiel der gesellschaftlichen Diskussion um die Nutztierhaltung ersichtlich, ist ein intensiver Dialog zwischen Gesellschaft, landwirtschaftlichem Berufsstand und weiteren Akteuren des Sektors erforderlich, um gesellschaftlich akzeptierte, aber auch wirtschaftlich und sozial gangbare Zukunftspfade für den Agrarsektor zu entwickeln.

Rahmenbedingungen für nachhaltige Ernährungssysteme
Die Realisierung gesellschaftlicher Nachhaltigkeitsansprüche und ökologischer Nachhaltigkeitserfordernisse setzt neben einer zielgerechten Operationalisierung auch die Entwicklung von Steuerungs- und Finanzierungsstrategien voraus. Dies ist eine zentrale Herausforderung, weil die dominanten Organisationsformen und Institutionen der europäischen und internationalen Agrar- und Ernährungswirtschaft die Finanzierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen über den Markt für landwirtschaftliche Produkte nicht ermöglichen.

Vorhandene Expertise: Spannungsfeld Gesellschaft – Landwirtschaft, Tierwohl, EU-Agrarpolitik, internationaler Agrarhandel, multifunktionale Landwirtschaft, agrarpolitische Akteure, Entwicklung von Simulationsmodellen für die Analyse wirtschaftlicher und ländlicher Entwicklung, Diskursanalyse, Food Governance, sozialer Zusammenhalt und Ernährung, Bioökonomie,Transformation.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter H. Feindt
Agrar- und Ernährungspolitik, HU Berlin

Nachhaltige Wertschöpfungsketten zur
Ernährungssicherung in Afrika

In Afrika südlich der Sahara steigt gegenwärtig die Zahl der Hungernden durch Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung besonders dort, wo heute schon viele Menschen hungern.

Neben der ‚energetischen‘ Versorgung mit Nahrungsmitteln spielt eine ausgewogene und gesunde Ernährung heute mehr denn je eine Rolle. Neben einer mangelnden Versorgung mit lebenswichtigen Mineralstoffen und Vitaminen sind auch Übergewicht und damit verbundene Folgekrankheiten auf dem Vormarsch. Diese Entwicklung findet vor dem Hintergrund einer abnehmenden Produktionsfläche, sinkender Wasservorräte und zunehmenden Trockenperioden statt. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Wertschöpfungsketten besonders auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sein.

In diesem Sinne müssen neben einer deutlichen Steigerung der Produktion pflanzlicher und tierischer Lebensmittel auch Nacherntebehandlung, Verarbeitung, Transport und Vermarktung deutlich verbessert werden, um Verluste zu vermindern und die wertgebenden Inhaltsstoffe zu erhalten. Es sind regional angepasste Strategien zu entwickeln, um die Wertschöpfungsketten hinsichtlich Ernährungssicherung, ökologischer Nachhaltigkeit und gesunder Ernährungsweise zu optimieren. Dabei müssen die Präferenzen der Verbraucher im Hinblick auf ihre Nahrungsmittel berücksichtigt und das Wissen über die Zusammenstellung und Zubereitung gesunder Nahrung verbessert werden. Die Forschungsarbeiten des Arbeitsgebietes „FoodAfrica“ konzentrieren sich dabei auf Länder Afrikas südlich der Sahara.

Vorhandene Expertise:  Management von Wertschöpfungsketten, nachhaltige Agrarproduktion, Nacherntebehandlung, Ernährungswissenschaften, Governance.

Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Dagmar Mithöfer
Management Agrarischer Wertschöpfungsketten, HU Berlin

Prof. Dr. Susanne Huyskens-Keil
Urbane Pflanzen-Ökophysiologie, HU Berlin